Durch den Süden Frankreichs
Und noch einen Reiseführer stelle ich Ihnen heute vor. Und was für einen! Durch den Süden Frankreichs lautet der schlichte Titel des über 700 Seiten starken Werkes.

Es gab eine Vorgängerausgabe, Erzähl mir vom Süden, die ich ebenfalls besitze und in der ich bereits gerne geblättert und mich hier und da festgelesen habe. So ist es auch für die Neuausgabe gedacht, ein Reiseverführer will das Buch sein: Manfred Hammes plaudert “unpedantisch, subjektiv und freundlich” über “Literatur, Kunst und Kulinarik” und nimmt uns so mit durch den Süden Frankreichs. Beinahe zu jedem Ort kann der Autor mit einer literarischen oder künstlerischen Besonderheit aufwarten, hat er eine vergnügliche Anekdote auf Lager oder weiß etwas Unerhörtes zu berichten. Sei es, dass Henry Miller sich an ein besonders schönes Pissoir erinnert, mit Blick auf Carcasonne! Oder dass Sie in Saint-Rémy einen Longdrink zu sich nehmen können, der nach dem berühmten Sohn der Stadt Nostradamus benannt ist. Oder wussten Sie, dass Samuel Beckett sich 1942 in Roussillon als Feldarbeiter verdingte und für die Résistance arbeitete?

Das das Buch trotz seines Umfangs (die Neuausgabe umfasst immerhin noch 300 Seiten mehr!) und seiner Informationsfülle leicht und heiter daherkommt, liegt nicht nur am Stil des Autors, der es schafft, uns intelligent zu unterhalten und amüsant zu informieren, sondern auch an der außerordentlich gelungenen Gestaltung des Buches. Die ehemalige Buchherstellerin in mir ist beeindruckt von der aufwendigen Doppelseitengestaltung mit tausenden von Abbildungen, Fotos, Postkarten, Dokumenten, viele davon in Farbe, und alle in außergewöhnlicher Druckqualität.

Auch der umfangreiche Text ist dank der gewählten Typographie anstrengungslos zu lesen, selbst die Bildunterschriften und die kleine Schrift in den Kästen bereiten mir kurzsichtiger Maulwürfin keine Kopfschmerzen. Glücklicherweise gab man dem Buch ein pastisgelbes Lesebändchen zum pastisgelben und azur- oder aquafarbenen (die Farben des Südens!) Einband: Halbleineneinband muss man dazu sagen und Fadenheftung! Letztere finden Sie heute kaum noch; beides gibt dem Buch Elastizität und Stabilität gleichzeitig: Es ist dafür gemacht, mit Ihnen jahrelang unterwegs zu sein und zu IHREM Buch zu werden. Der Autor fordert ausdrücklich dazu auf: “Machen Sie Ihr eigenes Buch daraus, indem Sie hier Ihre Prospekte, Restaurantrechnungen, Eintritts- und Postkarten aufbewahren. […] Ein Rotweinfleck oder ein Spritzer Fischsuppe schaden dem Buch nicht. Wenn eine Seite am nächsten Tag nochmal angesehen werden soll, machen sie ruhig ein Eselsohr rein, falls das Lesebändchen auf einer anderen Seite im Einsatz ist.”

Als Buchwissenschaftlerin mit einer Leidenschaft für Exilliteratur staune ich über all die Bücher und Dokumente, die der Autor gefunden hat und freue mich über vertiefende Literaturangaben und das (gemischte) Orts- und Personenregister.

Und zuguterletzt fühle ich mich als Autorin geehrt, in dieser illustren Gesellschaft, zwischen Birgit Vanderbeke, Colette, Simone de Beauvoir, zwischen Van Gogh, Georges Brassens, Georges Simenon und Klaus Mann einen Platz zu haben. Merci und Chapeau!
