Notre-Dame de Paris

Heute Abend (in der Zwischenzeit ist es gestern) in weniger als drei Stunden sind große Teile der Kathedrale Notre-Dame de Paris abgebrannt. Neun Jahrhunderte Geschichte, die Revolution und sämtliche Kriege hat sie überstanden, und die Restaurierung wurde ihr (möglicherweise) zum Verhängnis. Noch weiß man nichts Genaues, aber man spricht von einem Kurzschluss oder Schweißarbeiten, die das Feuer eventuell ausgelöst haben. Als der 96 Meter hohe hölzerne Turm, la flèche, (der Dachreiter auf Deutsch) abbricht und fällt, schluchzt nicht nur ganz Paris auf, auch ich vor dem Fernseher weine. Ich habe alle meine Paris-Fotos durchgesehen: ich habe den Eiffelturm hunderttausendmal abgelichtet, selbst den Arc de Triomphe habe ich, wie kann es sein, dass ich die Kathedrale nicht einmal fotografiert habe?! Schnöde ignoriert, wie etwas, was einfach ganz selbstverständlich da ist. Hinter den Bouquinisten, auf dem Weg zum Musée d’Orsay habe ich sie immer gesehen und nicht einmal fotografiert. Wann war ich das letzte Mal in der Kathedrale gewesen? Ich weiß es nicht mehr, es ist mehr als dreißig Jahre her. Es sei, als sei plötzlich jemand gestorben, dem man nie gesagt habe, wie sehr man ihn liebe, sagte vorhin jemand in einer der vielen Direktsendungen, die es heute Abend gab. This is so heartbreaking sagte eine amerikanische Freundin, die noch nie in Frankreich war und sich so auf ihren ersten Parisbesuch im Sommer freute. So fühle ich mich auch. Trauernd. Traurig.
Wir werden Notre-Dame, das Herz von Paris, wieder aufbauen, sagte Macron vorhin. Es wird Jahre dauern, Jahrzehnte, das größte Problem aber sei nicht das fehlende Geld (es wird eine Spendenaktion geben) sondern die (fehlenden) Menschen, die Wissen, Können und Fertigkeiten haben, um einen solchen Dachstuhl wieder aufzubauen. Ob die Glasfenster und die Orgel unbeschädigt sind, ist heute Abend noch nicht sicher.